Auf einen Schnack mit den Wagner Brüdern
Franz und Moritz Wagner brechen in der NBA gerade einen Rekord nach dem nächsten und leben im Team der Orlando Magic damit den deutschen Basketball-Traum. Das allein gibt natürlich Anlass für ein Catch Up mit ein paar ausgewählten Medienvertretern – wir vom Basketball-Magazin waren für euch live dabei.
Die Brüder Wagner haben das geschafft, wovon junge Basketballer in ganz Deutschland nur träumen können: Sie haben den Sprung in die „beste Liga der Welt“ erfolgreich gemeistert. Nach einem steilen Aufstieg bei ALBA Berlin in der BBL wagten beide den Sprung an die University of Michigan und damit in den Collegebasketball.
Einzig logischer Schritt war hiernach die Anmeldung zum NBA-Draft, wo beide Brüder bereits in der ersten Runde gewählt wurden: Moritz bereits 2018 an 25. Stelle von den Los Angeles Lakers. Sein jüngerer Bruder Franz drei Jahre später von den Orlando Magic an 8. Stelle – was allein schon einen neuen Rekord bedeutete. Seit Dirk Nowitzki (1998) war nämlich kein deutscher Spieler mehr so hoch im Draft ausgewählt worden.
Kurz darauf war der deutsche Basketball-Traum dann perfekt: Nur wenige Monate später unterschrieb auch Moritz einen Vertrag bei den Magic, womit die Brüder erstmals seit langer Zeit wieder in einem Team vereint waren. Da war die Wiedersehensfreude natürlich groß. Nach einigen gemeinsamen Monaten auf dem Parkett von Orlando haben beide Brüder sich nun auch als Spieler neu entdeckt: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das vorher nicht vielleicht auch schon gewusst habe. Aber jetzt, wo wir wieder zusammen spielen, ist mir noch einmal aufgefallen, wie einfach die Kommunikation zwischen uns beiden ist und wie wenig wir uns im Vergleich zu anderen Spielern sagen müssen, um einander zu verstehen“, erzählt Franz über das Spiel mit seinem Bruder.
„Insbesondere in der Offensive haben wir einen guten Rhythmus gefunden. Ich glaube, wir haben generell ein gutes Gefühl für das Spiel entwickelt, wissen aber eben auch, was der andere auf dem Feld besonders gut oder nicht so gerne macht. Ich glaube diese Balance sieht man auch auf dem Spielfeld.“
Tatsächlich haben sich beide Brüder über die Jahre nie aus dem Blick verloren und sind – zumindest basketballtechnisch – einem sehr ähnlichen Weg gefolgt: Zuerst feierte Moritz 2014 sein Debüt in der BBL, 2018 folgte dann Franz. Zum Start der Saison von 2015/16 wechselte Moritz an die University of Michigan, 2019 gab auch Franz dort seinen Einstand. „Ich bin ein ganz normaler kleiner Bruder: Mit dem Basketball habe ich damals angefangen, weil Moritz gespielt hat“, beantwortet Franz so auch die Frage, wie sehr er auf und neben dem Spielfeld dem Beispiel seines großen Bruders folge.
Europameisterschaft im Sommer? Ein klares „Jein“!
„Natürlich habe ich mir da auch einiges abgeguckt. Allerdings glaube ich auch, dass das auf ganz natürliche Weise passiert, wenn man viel zusammenspielt. Dennoch hat jeder von uns seinen eigenen Stil, zum Beispiel was Energie und Emotionalität angeht. Ich würde nicht sagen, dass es Dinge gibt, die ich auf dem Spielfeld nicht mache, nur weil Moritz sie macht oder umgekehrt.“
Doch diese Bewunderung für die Spielweise des anderen reicht, so wie es aussieht, in beide Richtungen: „Mich beeindruckt vor allem Franz‘ Konstanz. Dass er so erfolgreich ist, überrascht mich nicht. Dass er allerdings derart regelmäßig drei- bis viermal die Woche abliefert, ist für sein Alter außergewöhnlich. Das finde ich ziemlich beeindruckend“, so Moritz über den jüngeren Bruder.
Die Frage, ob im kommenden Sommer mit einer EM-Teilnahme der beiden zu rechnen ist, beantworteten Moritz und Franz übrigens mit einem klaren ‚Jain‘. Immerhin sammelten beide bereits in Jugendjahren äußerst erfolgreich einige Erfahrungen im U18-Team und später dann auch in der Nationalmannschaft: Moritz nahm beispielsweise bereits mit 11 Punkten pro Begegnung als drittbester Korbschütze der deutschen Auswahl an den Olympischen Spielen 2021 in Tokio teil.
„Für mich ist der Sommer noch sehr weit weg – Ich bin gerade erst in der Mitte meiner ersten Saison. Ich werde daher erst einmal alles daransetzen, diese möglichst gut zu Ende zu spielen. Danach werden wir sehen, wieviel im Sommer möglich ist“, begnügt sich Franz mit einer höflichen aber eben noch etwas vagen Antwort. Auch Moritz pflichtet seinem Bruder hier bei: „In diesem Beruf ist es wirklich schwierig, vorauszuplanen. Sich um so etwas im Vorfeld Gedanken zu machen, ist daher selten möglich. Der Sommer kommt früh genug und ich werde mich auch dann erst mit diesem Thema beschäftigen.“
Ob mit einer Basketball-Rückkehr der beiden nach Deutschland in Kürze zu rechnen ist, bleibt also noch abzuwarten. Ein wenig Heimweh haben die beiden stolzen Berliner aber offensichtlich trotzdem: „Ich persönlich vermisse Berlin sehr, jeder der schon einmal dort war weiß, dass die Stadt einen ganz besonderen Vibe hat“, bedauert Franz. „Aber ich vermisse natürlich auch meine Familie und meine Freunde, die ich dort habe. Aufgrund der Pandemie konnte ich sie nur zweimal dort besuchen. Umso größer ist jetzt natürlich die Freude, dies nach der Saison oder im Sommer nachzuholen.“
Dass besonders der jüngere Wagner-Bruder mit seinen Zukunftsplänen bis nach der Saison warten möchte, überrascht jedoch wenig. Schließlich hat er sich innerhalb weniger Wochen von einem ohnehin bereits vielversprechenden Neuzugang zum absoluten Leistungsträger innerhalb des Aufgebots der Orlando Magic hochgearbeitet: Nach dem aktuellen Stand von ESPN erzielt das deutsche Wunderkind in seiner ersten Saison bisher durchschnittlich 15,7 Punkte, sowie 4,7 Rebounds und 2,9 Assists pro Begegnung.
Wagner-Brüder wollen „einfach Basketball spielen und Spaß haben“
Mit derartigen Spitzenwerten ist Franz übrigens auch ein möglicher Kandidat für den jährlichen Rookie of the Year Award. „Ich glaube, im Leben ist es am Ende immer so, dass manche Sachen ganz von alleine passieren, wenn man im Moment bleibt und sich immer nur auf das konzentriert, was gerade vor einem liegt. Ich versuche daher, nicht unbedingt bewusst in den Lauf der Dinge einzugreifen und stattdessen einfach nur jeden Tag so gut wie möglich zu spielen. Es ist natürlich cool, erfolgreich zu sein aber es birgt eben auch die Gefahr, sich mit anderen Spielern zu vergleichen, dabei befindet sich jeder in einer ganz unterschiedlichen Situation. Ich überlasse diese Diskussion daher lieber Medien. Persönlich will ich einfach Spaß am Spiel haben und nicht zu viel über solche Sachen nachdenken.“
Einfach nur Basketball spielen und den Spaß am Sport nicht verlieren, ist also das gemeinsame Motto der deutschen Basketball-Brüder in Orlando. Vielleicht verbirgt sich hierin aber auch der Schlüssel zum Erfolgsrezept von Franz und Moritz Wagner: In diesem Leitsatz schwingt nämlich eine Leichtigkeit mit, von der sich definitiv jeder von uns noch eine Scheibe abschneiden kann – egal ob im Alltag oder auf dem Spielfeld.
Übrigens: Wer sich vom Talent der Wagner-Brüder noch einmal selbst überzeugen möchte, der sollte am 5.Februar unbedingt den Fernseher einschalten. Das deutsche Duo begegnet an diesem Tag nämlich nicht nur den Memphis Grizzlies und damit einem der aktuellen Spitzenreiter der Western Conference, das Spiel wird trotz Zeitverschiebung tatsächlich auch zur absoluten Primetime um 23:00 Uhr ausgestrahlt. – Also Popcorn und Magic-Jersey bereithalten und Basketball genießen!
Achtung: Wer die Wagner-Brüder mal live im TV sehen möchte, kann das am 05.02. besonders gut tun, denn an diesem Tag hat die NBA einen Termin mit Europa-freundlicher Startzeit angesetzt:
Memphis Grizzlies vs. Orlando Magic, 5. Februar 23.00 Uhr, DAZN/NBA League Pass
Foto: NBA