Das Dream Team von 1992 und der Traum von Olympia
Es ist bald 30 Jahre her, da eroberte ein Basketballteam die Welt. Zu den Olympischen Spielen in Barcelona reisten (dank einer neuen Regelung des IOC) aus den USA erstmals keine College-Basketballspieler an, sondern die ganz großen Fische aus der NBA. Mit im Gepäck waren Michael Jordan, Magic Johnson, Charles Barkley und Co. – kurz gesagt: das wohlmöglich beste Basketball-Team aller Zeiten.
Wenn man sich heute als Basketballspieler das Aufgebot nur einmal vorstellt, welches damals nach Barcelona reiste, befällt einen sofort Zittern und Zähneklappern – egal, ob man zur Truppe der elitären Profispieler gehört, die bei den Olympischen Spielen an den Start geht oder nicht: Michael Jordan, Magic Johnson, Larry Bird, Scottie Pippen, Charles Barkley, Patrick Ewing, David Robinson, Karl Malone, Clyde Drexler, John Stockton, Chris Mullin und College-Star Christian Laettner. Kurzerhand wurde diese Mannschaft passenderweise das „Dream Team“ getauft, wobei die Gang aus NBA-Spielern wohl für keines ihrer gegnerischen Teams „ein Träumchen“ war.
„Zum sportlichen Geschehen: Es war schlichtweg nicht fair. Die Begegnungen sahen bisweilen so aus, als träfen Basketballspieler zweier unterschiedlicher Planeten aufeinander. Hier Planet ‚Normalo‘ und da die ‚Aliens‘ vom Planeten ‚NBA‘“, fasste Emmanuel Schneider von RTL News das Geschehen bei den Olympischen Spielen von 1992 einmal sehr treffend zusammen.
Und tatsächlich, nach einem schier unmenschlich erscheinenden 136:57-Erfolg im Auftaktspiel gegen Kuba stand Jordan, Magic und Co. nichts mehr im Wege. Sie pflügten sich einer Urkraft des Basketballs gleich durch die Qualifikation und bahnten sich souverän den Weg nach Barcelona.
Fiasko gegen den eigenen Nachwuchs
Um diesem unantastbar erscheinenden „Dream Team“ aber auch einmal etwas Menschlichkeit zurückzugeben, soll hier an folgendes Fiasko erinnert werden: Um die Truppe aus Liga-Stars erstmals auf dem Parkett einen gemeinsamen Groove finden zu lassen, wollte man sie gegen eine Auswahl aufstrebender College-Spieler antreten lassen. – „Easy Peasy“, dachten sich die NBA-Recken da anfangs noch. Schon bald sollte sich jedoch herausstellen, dass die Youngster von der Uni weit mehr zu bieten hatten, als ihre hochdekorierten Gegner angenommen hatten: „Sie sahen aus wie Babys“, äußerte sich Barkley verdattert im Anschluss, „aber sie spielten, als wäre es das entscheidende siebte Spiel einer Playoff-Serie.“
Tatsächlich hatte das junge Aufgebot rund um Penny Hardaway (22), Chris Webber (21) und Allan Houston (23) ihren erfahrenen Gegnern gehörig Feuer unterm Hintern gemacht und die Halle schließlich als Sieger verlassen.
Diese Lektion, dass Hochmut bekanntlich vor dem Fall kommt, hatten sich die NBA-Athleten vor ihrer Reise nun noch einmal hinter die Ohren geschrieben. Ihren zukünftigen Gegnern würden sie auf dem Parkett dann vielleicht doch mit etwas mehr Besonnenheit und Respekt begegnen müssen. – Nun, zumindest hatten die meisten von ihnen diese Lektion nun gelernt. Erneut war es Barkley, welcher vor dem Auftaktspiel, das am 26. Juli 1992 stattfinden sollte, seinen Mund nicht halten konnte: „Ich weiß absolut nichts über Angola, ich kenne keinen Spieler, aber ihr könnt ihnen ausrichten – sie haben ein Problem“, prollte dieser so unverblümt. Immerhin, er sollte er diesmal Recht behalten. Mit einem Vorsprung von 68 Punkten siegte das Team 116:48 und legte so den ersten Stein auf ihrem Siegeszug in Barcelona.
Blutrausch in Barcelona – der ganz persönliche Horrorstreifen aller olympischen Gegner
Nachdem der Anfang mit diesem Rekordsieg nun einmal gemacht war, verfiel das Team USA in einen regelrechten Blutrausch: Offensiv, sowie defensiv dominierten sie jedes Spielfeld und lagen in allen acht Partien auf ihrem Weg zur Goldmedaille im Schnitt mit 43,8 Punkten vorne (und das in nur 40 Spielminuten!).
Ihre noch am ehesten ernstzunehmenden Gegner waren die Spieler aus Kroatien. In ihren Reihen trat nämlich nicht nur der spätere Hall-of-Famer Drazen Petrovic (New Jersey Nets) an, sondern es beteiligte sich auch der aufstrebende Star Toni Kukoc an den Wettkämpfen.
Dieser war gerade lange Zeit von den Chicago Bulls umgarnt worden, um ihn von einem Wechsel in die NBA zu überzeugen. Verhandlungsmittel war unter anderem auch ein Vertrag in Millionenhöhe, der ihn in der (finanziellen) Hackordnung der Liga noch über Pippen gestellt hätte. Für diesen und Jordan waren die Olympischen Spiele nun die Gelegenheit dem ach so talentierten Jungspund ein für alle Mal zu zeigen, wo der Hammer hängt: „Habt ihr schon einmal einen Löwen oder Geparden über seine Beute herfallen gesehen? Wir mussten Michael und Scottie zum Spiel aus der Kabine zerren, weil sie sich noch stritten, wer ihn verteidigen durfte. Er hatte keine Ahnung, was ihm bevorstand“, ließ sich so auch USA-Teammitglied Malone zu einem beinahe mitleidigen Kommentar hinreißen.
70:103 machten die NBA-Stars schließlich mit Kukoc und Team kurzen Prozess. Immerhin, als sich beide Teams im Finale erneut begegneten schafften es die Kroaten mit einem Endstand von 117:85, den US-Amerikanern den bisher knappsten Sieg der Olympischen Spiele abzuringen.
Für zwei Basketball-Megastars fällt der letzte Vorhang
Am Ende konnte das „Dream Team“ auf einen Erfolg auf ganzer Linie zurückblicken. Der Übergabe der Goldmedaille sahen Basketballfans rund um den Globus aber dennoch mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu. Der Triumph in den Olympischen Spielen sollte nämlich zugleich auch der Abschied zwei der größten Basketballer sein, die diese Welt je gesehen hat: Sowohl Larry Bird, als auch Magic Johnson nutzten die Spiele als Bühne für ihren letzten Auftritt: „Es war unser großes Finale – der Vorhang war schon dabei, zu fallen“, sagte Johnson später: „Larry [Bird]s Rücken war kaputt. Und ich war schon draußen, musste mit dem HI-Virus klarkommen. Für mich ging es auch darum, der Welt zu beweisen, dass ich auch mit HIV noch spielen konnte. Wir wollten einfach sichergehen, uns angemessen zu verabschieden.“
Foto: AFP