Satou Sabally im Porträt
Satou Sabally schaffte vor fünf Jahren den Sprung in die USA. Im Team der Dallas Wings geht die deutsche Basketballerin mit Wurzeln in der ganzen Welt selbstbewusst ihren eigenen Weg und ist damit vielen jungen Sportlerinnen und Sportlern ein Vorbild.
Ehrlich gesagt will ich diesen Beitrag bereits schreiben, seit ich im Auftrag von basketball-magazin im vergangenen Sommer bei der 3×3 Championship Trophy 2021 in Berlin zu Gast war. Ob ich denn auch bereits mit Satou Sabally gesprochen hätte, fragte mich beinahe jeder, der meinen Presseausweis zu sehen bekam. Sie sei selbst in diesem Wettkampf der Besten der Besten eine Ausnahmespielerin und nebenbei bemerkt ein außergewöhnlich freundlicher und zuvorkommender Interviewgast, da waren sich alle einig.
Das klang natürlich verlockend – Leider, leider habe ich die Möglichkeit mit Sabally zu sprechen damals verpasst: Am dritten und letzten Spieltag des Turniers, welchen wir für euch live vor Ort mitbegleitet haben, ging die deutsche Nationalspielerin dieses Mal nicht mit an den Start. Einige der Teamkolleginnen des WNBA-Stars, welche zuvor mit ihr gemeinsam am Olympia-Qualifikationsturnier in Graz/Österreich teilgenommen hatten, bekamen wir glücklicherweise jedoch zu Gesicht. Trotz dieser verpassten Chance, möchte ich Sabally nun aber dennoch unbedingt einen Beitrag widmen (als Wiedergutmachung an meinen persönlichen Small-Forward-Star sozusagen).
Und selbst wenn die 23-Jährige kein überaus zuvorkommender Interviewgast wäre, über sie berichten müsste man als Basketball-Blog, der etwas auf sich halten möchte, dennoch. Dafür ist die deutsche Basketballerin einfach viel zu gut. Nachdem Sabally 2017 an die University of Oregon und damit in die USA in die NCAA gewechselt war, zeichnete man sie bereits drei Jahre später mit dem „Cheryl Miller Award“ als beste Flügelspielerin des Landes aus. Außerdem wurde sie sowohl in das WBCA First-Team All-America und die Aufstellung der All-Pac-12 gewählt. Jedes Jahr gewann sie mit ihrer Hochschulmannschaft die Meisterschaft der Pacific-12 Conference bevor sie nach dem 2020er Draft in die WNBA wechselte. Dort geht sie seitdem für die Dallas Wings an den Start. Außerhalb der WNBA-Saison spielt Sabally übrigens außerdem für Fenerbahçe İstanbul und die deutsche Nationalmannschaft, was die gebürtige New Yorkerin zu einem echten Basketball-Workaholic macht.
Mehr Aufmerksamkeit für Profisportlerinnen
Aus einer deutschen Liga kommend – Sabally spielte von 2012 bis 2017 sowohl für den TuS Lichterfelde, als auch für die Eisvögel USC Freiburg – derartige Erfolge einzustreichen passiert tatsächlich selten. Trotzdem erhält der WNBA-Star weit weniger Aufmerksamkeit als ihr trotz all dieser Errungenschaften zustehen würde und dass nur, weil sie eine Frau ist: „Frauen werden im Sport oft zurückgestellt: Sie bekommen für die gleiche Leistung wie Männer meist weniger Geld und vor allem nicht das gleiche Maß an Aufmerksamkeit. Diese Tatsache reicht weit zurück: Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit im Jahr 1896 war die Teilnahme für Frauen untersagt. Zu dieser Zeit waren Mediziner der Auffassung, dass Sport die sogennanten weiblichen Fortpflanzungsorgane funktionsuntüchtig mache“, beginnen so zum Beispiel auch die Autorinnen des Rosa-Mag ihren Beitrag über ihr Gespräch mit Sabally mit ermahnenden Worten.
Zum Glück seien diese Denkweisen mittlerweile Geschichte und Frauen aus dem Profisport nicht mehr wegzudenken. Aufmerksamkeit und Wertschätzung bekämen Athletinnen jedoch noch immer nicht in dem Maße, in dem sie es verdient hätten, schließen die Journalistinnen des Lifestylemagazins, „das afrodeutsche Frauen und Freunde informiert, inspiriert und empowert“. Ihren Beitrag möchte ich euch an dieser Stelle übrigens wärmstens ans Herz legen.
Weiblicher Dirk Nowitzki? Nein Danke.
Und tatsächlich fällt mir auch bei meiner Recherche auf, dass wann immer das Wort auf Sabally kommt, die Dirk-Nowitzki-Vergleiche nicht weit sind. Sie ist die Berlinerin „auf Nowitzkis Spuren“ heißt es an verschiedener Stelle – ganz nach dem Motto: Über diese außergewöhnliche Frau müssen wir berichten, aber wir brauchen erst einmal einen Mann, damit man dem Artikel überhaupt Aufmerksamkeit schenkt.
Zugegeben, dass Sabally ausgerechnet bei dem WNBA-Team unter Vertrag steht, welches in derselben Stadt beheimatet ist, wie das ehemalige Franchise des deutschen NBA-Stars, legt derartige Vergleiche natürlich nahe. Auf den Keks gehen können sie einem als unabhängige Powerfrau allerdings trotzdem: „Ich will natürlich gerne meine eigenen Fußspuren hinterlassen“, erklärt Sabally so Beispielsweise in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Mit so jemandem wie Nowitzki verglichen zu werden, sei eine gewaltige Ehre – und Bürde zugleich. Jeder in den USA, der erfahre, dass sie Deutsche sei, fiele ihr sofort mit ‚Ah, Dirk!‘ ins Wort. Dennoch wolle sie in der Basketballwelt ihre eigenen Fußspuren hinterlassen.
„Aber wenn ich am Ende die weibliche Dirk-Nowitzki-Satou-Sabally sein sollte, dann wäre das auch super“, schließt Sabally dennoch ab. Schließlich kann der deutsche NBA-Veteran ja auch nichts für die ewig währenden Vergleiche und begrüßte die Landesfrau stattdessen mit einem herzlichen „Willkommen, Satou Sabally! Dallas ist eine tolle Stadt! Let’s go“ in ehemals seiner Basketballstadt.
Gesicht zeigen – auf wie neben dem Court
Nichtsdestoweniger lässt dieser kurze Auszug aus dem Interview mit Sabally den meiner Meinung nach für sie so typischen Eigenwillen und das Selbstbewusstsein durchscheinen, das sie auf ihrem bisherigen Erfolgsweg so sehr beflügelt haben muss. Satou ist eine eigenständige Frau mit einer entschiedenen Meinung und einem unerschrockenen Drang „Gesicht zu zeigen“. Von dem (u.a.) im Dunstkreis der NBA in den letzten Jahren immer lauter gewordenen Vorwurf, die Spieler mischten sich zu sehr in das politische Geschehen ein, hält Sabally so zum Beispiel gar nichts. Donald Trump sei ein Diktator, urteilt die deutsche Basketballerin so zum Beispiel offen. Wer öffentlich Stimmung gegen Minderheiten mache und Schwarze unter anderem als „Hunde und Gangster“ bezeichne, gehöre nicht an die Macht. „Ich finde, er ist ein Diktator. Er versucht wahrscheinlich die Wahlen zu beeinflussen. Er stand vor Gericht, weil er ein kleines Mädchen vergewaltig haben soll. Jemand, dem solche Sachen vorgeworfen werden, sollte nicht Präsident sein“, urteilt die Basketballerin mit Wurzeln in den USA, Gambia und Deutschland.
„Mehr als ein Athlet“ steht so auch in großen Buchstaben auf dem schwarzen Sweater der Ausnahmebasketballerin – Mahnung und Mantra zugleich. „Als James dieses Mehr-als-ein-Athlet-Shirt trug und diese Bewegung initiierte, dachte ich, dass es eine perfekte Beschreibung meiner selbst ist“, erklärte Sabally gegenüber Undefeated: „Ich wollte nie nur als Athletin gesehen werden. Ich will meine Plattform nutzen, um Debatten über Gleichberechtigung und Rassismus anzustoßen.“ Dieser Einsatz beeindruckt uns.
Foto: AFP