Steph Curry ist unser NBA-Spieler des Jahres 2022
Alle Jahre wieder bestimmen wir vom basketball-magazin unseren NBA-Spieler des Jahres – und ebenfalls alle Jahre wieder ist diese Entscheidung keine leichte… Dieses Jahr haben wir uns letztendlich für einen Spieler entschieden, der ausnahmsweise einmal nicht durch seinen Ehrgeiz Trophäen zu gewinnen besticht, sondern durch seinen Sportsgeist und seine außergewöhnlichen Qualitäten als Teamplayer: Steph Curry.
Viele Basketballfans werden uns nun sicherlich den Vorwurf machen, dass es einigermaßen leicht ist, ausgerechnet den Finals-MVP desselben Kalenderjahres als Spieler des Jahres auszuwählen. Und noch mehr unserer Leser werden uns höchstwahrscheinlich die Hölle heiß machen, weil wir nicht Nikola Jokić ausgewählt haben. Schließlich hat sich der serbische Center eine komplette Regular Season (und nicht nur ein Finale!) für die Denver Nuggets abgerackert, um schließlich verdient zum MVP der Saison gekürt zu werden – zum zweiten Mal in Folge.
Noch dazu spielen die Golden State Warriors derzeit gar nicht so gut, stehen im Westen nur auf einem eher schlecht als rechten zehnten Platz und bekamen dafür unlängst sogar von ihrem eigenen Coach auf den Deckel…
Das alles sind sicherlich legitime Gegenargumente, die es bei der Auswahl eines Basketballers des Jahres zu beachten gibt. Nun sind wir jedoch nicht das Auswahlkomitee eines großen Sportspreises, sondern ein Blog. Für uns zählen, wie bereits im vergangenen Jahr, bei der Auswahl unseres Basketballers des Jahres selten die Erfolge, die sich in Zahlen messen lassen und viel mehr der echte Sportsgeist, der einem auch erst einmal in der besten Liga der Welt angekommen, nicht verloren gehen sollte. Und von diesem Spotgeist hat Steph Curry dieses Jahr eine ganze Menge bewiesen:
So. viel. DRIVE.
Sicher, die Warriors scheinen derzeit nicht in Topform zu sein und vor allem die Tatsache, dass Steph Curry aufgrund einer Verletzung an der rechten Schulter nun für viele Wochen ausfallen wird, macht vielen Dubs-Fans Sorgen. Man darf jedoch bei all diesen Diskussionen nicht vergessen, dass die Warriors die Champions der vergangenen Basketballsaison sind! Erst im Juni überreichte man Curry und Co. ihre Meisterschaftstrophäe, und dass obwohl auch hier nur kurz zuvor eine Curry-Verletzung die Gemüter getrübt hatte – Nun ja, alle bis auf eins!
Ausgerechnet in den Schlussminuten von Spiel 3 der Finals-Serie gegen Boston verletzte sich der Chefkoch, als er mit dem Big Man der Celtics um einen Loose-Ball kämpfte und diesem dabei unglücklich auf den Fuß trat. Da es im Nachgang der Partie, die ohne Curry 116:100 für die Celtics endete, bereits 2-1 für die Gegner aus Boston stand, spielten sich vor den Augen aller Golden State Fans bereits Horrorszenarien ab.
So nicht jedoch vor Currys Augen, der wie üblich echten Kampfgeist bewies: Er lehnte im Anschluss an die Partie weitere Untersuchungen ab und fokussierte sich stattdessen umgehend auf das nächste Spiel: „Ich habe etwa zehneinhalb Stunden geschlafen, habe mich ein paarmal in die Eistonne getunkt und das war es für den Moment. Ich muss heute und morgen nutzen, um komplett bereit zu werden. Mich so gut erholen und heilen wie möglich und verstehen, wie wichtig Spiel 4 ist.“ Was. Für. Ein. DRIVE.
Curry ist ein Teamplayer, bevor er ein Champion ist
Doch woher nimmt Curry diese scheinbar nie enden wollende Energie, auch in den dunkelsten Momenten, weiterzukämpfen. Ganz einfach: Er ist ein echter Teamplayer und seine Leute und deren Erfolg, stehen für ihn immer an erster Stelle.
Man hätte beispielsweise meinen können, es sei für Curry bei dem Ringen um die Finals 2022 vor allem auch um die Auszeichnung zum Finals MVP Gegangen. Ein Award, der trotz der 13-jährigen NBA-Karriere noch im Trophäenschrank des Point Guards fehlte. Eine Tatsache, die immer wieder Anlass für bohrende Fragen des ein oder anderen Medienvertreters bot.
„Es hat mich genervt, dass ich die Frage danach immer wieder beantworten musste“, äußerte sich der 34-Jährige so beispielsweise in den vergangenen Monaten im Rahmen seiner Auszeichnung zur SI’s 2022 Sportsperson of the Year. „Es hat mich nie gestört, dass ich die Auszeichnung bisher nicht bekommen hatte.“
Was den achtmaligen All-Star dafür jedoch umso mehr stört, ist das eigene Versagen. Dies war dem leidenschaftlichen Punktejäger so auch deutlich anzusehen, als er in Spiel 5 der Serie gegen die Celtics einen miserablen Abend erwischte. Zwar hatte der PG 16 Punkte und acht Assists eingetütet, jedoch genau gar keinen seiner neun Versuche von der Dreierlinie versenkt – eigentlich Currys Spezialität.
Auch ein Meister kommt ins Zweifeln
Am Ende waren die Warriors auch ohne Currys Hilfe, 104:94 siegreich, was ihnen in der Serie die 3-2-Führung und zudem den Matchball um das Finale einbrachte. Doch Curry hatte sein Team nicht dabei unterstützt, eine Tatsache, die ihm sichtlich mehr zusetzte, als die eigene Verletzung nur zwei Spiele zuvor. Er trottete also zur Bank, wo sich folgende Unterhaltung zwischen ihm und seinem Headcoach Steve Kerr entspann:
Er sah „nachdenklicher aus als alles andere“, erinnerte sich der Dubs Coach später an diesen Moment. Also sagte er zu seinem Schützling: „Du weißt, dass das das Beste ist, was hätte passieren können, oder?“
„Wieso?“, erkundigte sich ein tatsächlich sehr mitgenommen aussehender Curry.
„Wir haben dieses Spiel um die Führung gewonnen, obwohl Du einen schlechten Tag hattest. Kannst Du Dir nicht vorstellen, wie sich die Celtics jetzt fühlen müssen.“Da konnte Curry nicht anders, als seinem Coach zuzustimmen.
Und wie es in der Natur eines Coaches liegt, sollte er am Ende Recht behalten: Curry berappelte sich im Vorfeld des sechsten, und wie sich herausstellen sollte auch letzten Spiels, der Serie.
Auswärts in Boston schlugen die Warriors die Celtics vernichtend 103:90. 4-2 hatten sie sich damit gegen ihre Gegner aus der Eastern Conference durchgesetzt. Curry selbst steuerte 34 Punkte (davon 6/11 Dreiern), sieben Rebounds, sieben Assists und zwei Steals zum Sieg seiner Farben bei und wurde natürlich im Anschluss einstimmig zum Finals MVP gewählt, zum ersten Mal in seiner Laufbahn. Eine Tatsache, die ihn übrigens nachdem erhalt dieser Auszeichnung ebenso wenig kümmerte wie zuvor: „Vergesst das! Wir sind viermaliger Champion.“
Das einzige Lob, dass sich Curry am Ende dieses besonderen Abends anhören wollte, war dass seiner Frau Ayesha: „Ich bin so stolz auf Dich! Du hast es geschafft!“, freute sich diese bei der Abschlussparty im Club des TD Gardens. „Nein“, korrigierte sie Curry, Teamplayer durch und durch: „Wir haben es geschafft.“ – Was für wunderbare Abschlussworte für das Jahr 2022.
Foto: NBAE / Getty